Ausbilder in Kurzarbeit, verschobene Zwischenprüfung, geschlossenes Hotel und Umstellung auf Online-Unterricht: Wir haben mit Koch-Azubi Tomas Njie gesprochen, wie sich die Corona-Pandemie auf seine Ausbildung auswirkt.
Von Anna Häuser
Seit mehreren Wochen haben zahlreiche Gastronomiebetriebe und Hotels vollständig geschlossen, Köchinnen und Köche wurden größtenteils in die Zwangspause geschickt. So groß die Sorgen bei den Kochprofis auch sind, die des Köchenachwuchses stehen dem in nichts nach. Kochazubi Tomas Njie aus Frankfurt ist direkt betroffen: Seine Zwischenprüfung, die im Frühling angestanden hätte, wurde ersatzlos gestrichen. Auch der Alltag in Ausbildungsbetrieb und Berufsschule haben sich maßgeblich verändert. „Vor allem beunruhigt mich, dass man nicht weiß, wie lange dieser Zustand noch anhält“, sagt der angehende Koch, der seine Ausbildung im Le Méridien in Frankfurt absolviert. Der VKD begleitet ihn seit Beginn seiner Ausbildung im Sommer 2018. Jetzt sieht Tomas sich mit einer völlig neuen Situation konfrontiert.
Kein Kontakt zum Ausbilder
Tomas‘ Ausbildungsbetrieb hat praktisch geschlossen. „Vor einigen Wochen haben wir Azubis die Schließung mitgemacht. Jetzt sind wir nur noch hin und wieder im Hotel, übernehmen die Legionellenspülung, Rundgänge und kleinere Housekeepingprojekte“, erzählt der Nachwuchskoch. „Dabei werden nicht nur wir Kochazubis eingesetzt, sondern auch Auszubildende aus anderen Bereichen der Hotellerie.“ Betreut werden die Auszubildenden vor Ort jeweils durch den diensthabenden Manager on Duty, der in seiner jeweiligen Abteilung auch Ausbilder ist. Zu seinem Ausbilder Sven Frambach hat Tomas aktuell keinen Kontakt. „Fast alle Mitarbeiter sind aufgrund der Schließung des Hotels zu 100 Prozent in Kurzarbeit“, erklärt Wiebke Gauglitz, Director of Human Resources des Le Méridien. „So auch unser Küchenteam um Küchenchef und Ausbilder Sven Frambach.“ Tomas bekommt momentan noch sein volles Azubigehalt.
E-Learning steht auf dem Stundenplan
Nicht nur die Ausbildung im Betrieb steht still, auch der Berufsschulunterricht wurde wegen Corona größtenteils eingestellt. Bereits seit mehreren Wochen stehen in der Bergiusschule, die Tomas besucht, die Klassenzimmer leer. „Die verderblichen Lebensmittel haben wir der Tafel gespendet. Alles Weitere habe ich in den Froster gestellt“, erinnert sich Markus Wolf, der den Praxisunterricht lehrt. Während Wolf seinen Koch-Azubis im ersten Lehrjahr noch einfach Aufgaben für zu Hause stellen konnte, wie zum Beispiel eine Pizza selbst backen oder Schnittformen üben, gestaltet sich das Ganze in Tomas‘ Klasse bereits schwieriger. „Die Arbeitsaufträge in diesem Schuljahr sind meist zu komplex für zu Hause“, erklärt der Lehrer. „Das Zerlegen einer Lammkeule oder das Beizen von Lachs macht man nicht so einfach am heimischen Herd.“ Deshalb ist jetzt Theorie via E-Learning bei Tomas angesagt. „Über einen E-Mail-Verteiler bekommen wir Lehrmaterialien zugeschickt“, sagt der angehende Koch. „Hier geht es vor allem um Warenkunde und Fachbegriffe in der Küche“. Da viele Klausuren ausgefallen sind, sollen die zu Hause ausgefüllten Arbeitsblätter bei der Notenbildung am Ende des Schuljahrs mitgewertet werden. „Eine genaue Info, wie es jetzt weiterläuft, haben wir allerdings nicht“, so Tomas.
Gekocht wird trotzdem
Aller Unsicherheit und Veränderung zum Trotz, muss Tomas nicht aufs Kochen verzichten. „In meinem Ausbildungsbetrieb kocht jeden Tag ein Koch-Azubi für die wenigen Mitarbeiter, die noch vor Ort sind“, erzählt er. „Und auch zu Hause koche ich viel und probiere Neues aus. Dafür habe ich mir während meiner normalen Arbeitszeit selten die Zeit genommen.“
Es bleibt zu hoffen, dass Tomas mit seiner Leidenschaft fürs Kochen die Zeit der Betriebsschließung überbrückt und seine Ausbildung bald wieder richtig Fahrt aufnehmen kann. Wenigstens in den Berufsschulen soll der Unterricht ab Mai weitergehen.
Begleiten Sie Tomas mit uns durch seine Ausbildung:
„Wenn die Ausbildung stillsteht“
„Lieblingsfach Praxisunterricht“
„Immer mit einem Lächeln zur Arbeit“
KÖCHE HELFEN KÖCHEN
Jetzt ist die Zeit, in der wir solidarisch zusammenstehen müssen. Wer braucht Hilfe? Wer hat Kapazitäten frei? Wer hat konstruktive Vorschläge? Wer plant Aktionen? Mehr dazu in der VKD-Facebook-Gruppe „Köche helfen Köchen“.