Von Arbeitslosengeld bis Kündigungsschutz Aktuell ist es für Köchinnen und Köche wichtiger denn je, ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen zu kennen. Foto: Pexels

Kurzarbeit, Kündigung und Arbeitslosigkeit gehören zu den Konsequenzen der Pandemie, die Arbeitnehmer aktuell tragen müssen. Damit sie dabei stets ihre Rechte kennen, hat Rechtsanwalt Matthias B. Lorenz einige Fragen beantwortet.

Interview von Anna Häuser und Aina Keller

Wiederkehrende und anhaltende Betriebsschließungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Betriebe, sondern besonders auch auf die Arbeitnehmer. Welche Rechte Köchinnen und Köche angesichts Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengelds, Kündigungen oder Insolvenzverfahren haben, beantworten wir in der Serie „Arbeitsrecht für Köchinnen und Köche“ im Gespräch mit Rechtsanwalt Matthias B. Lorenz.

Short Facts:
  • Arbeitslosengeld I bemisst sich nach dem vertraglich geschuldeten, nicht dem durch Kurzarbeit reduzierten Gehalt.
  • Tarifverträge können über das Aufleben des vollen Lohnanspruchs nach einer Kündigung entscheiden.
  • Durch die Kurzarbeit entsteht kein weitergehender Kündigungsschutz.
  • Eine gleichzeitige Zahlung von Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld gibt es regelmäßig nicht.
Rechtsanwalt Matthias B. Lorenz. Foto: Privat
Foto: Raab

Logo2Matthias B. Lorenz beschäftigt sich in seiner Tätigkeit als Rechts­an­walt vor­zugs­wei­se mit An­ge­le­gen­hei­ten des Ar­beits- und So­zi­al(ver­sicherungs-)rechts, aber auch mit den Be­rei­chen Miet- und Woh­nei­gen­tums­recht und Ver­wal­tungs­recht. Ver­kehrs­un­fall- und Fa­mi­li­en­sa­chen run­den das Port­fo­lio ab. Der VKD bietet eine kostenlose Erstberatung im Bereich Arbeitsrecht für Mitglieder durch Herrn Lorenz an.

 


1. Auf welcher Basis wird das Arbeitslosengeld berechnet?

→ Arbeitslosengeld I bemisst sich nach dem vertraglich geschuldeten, nicht dem durch Kurzarbeit reduzierten Gehalt.

Dem Bezug von Arbeitslosengeld I (ALG I) wird üblicherweise eine Kündigung vorausgehen. Diese sollte in der derzeitigen Pandemie-Situation sorgfältig geprüft werden; umso mehr gilt dies bei Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG), weil auch betriebsbedingte Kündigungen unter Umständen unwirksam sein können.

Die Höhe des ALG I ermittelt sich aus dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im sogenannten Bemessungszeitraum (letztes Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, § 150 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) tatsächlich erzielt hat, wobei nach § 151 Abs. 3 Nr. 1 SGB III im Fall der Kurzarbeit das Entgelt zugrunde gelegt wird, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Zugrunde zu legen ist also das vertraglich vereinbarte Gehalt in der jeweils geltenden Fassung.

 

2. Kann ein Tarifvertrag darüber entscheiden, ob bei einer Kündigung das ungekürzte Entgelt weitergezahlt werden muss?

→ Tarifverträge können über das Aufleben des vollen Lohnanspruchs nach einer Kündigung entscheiden.

Mit der Kündigung entfällt für den Mitarbeiter der Anspruch auf KUG, wie § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III zu entnehmen ist. Es ist zu unterscheiden zwischen einer Kündigung vor der Einführung von Kurzarbeit und einer solchen während bereits bestehender Kurzarbeit. In Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen kann die Höhe des Lohnanspruchs nach einer Kündigung ausdrücklich geregelt sein.

 

3. Gibt es nach der Kurzarbeitsphase einen Kündigungsschutz?

→ Durch die Kurzarbeit entsteht kein weitergehender Kündigungsschutz.

Ein allgemeiner Kündigungsschutz wird durch die Kurzarbeit nicht ausgelöst. Dies betrifft sowohl den Zeitraum der Kurzarbeit selbst als auch nachfolgende Zeiträume. Insbesondere personen- und verhaltensbedingte Kündigungen bleiben selbstverständlich möglich. Etwas komplizierter stellt sich die Lage bei betriebsbedingten Kündigungen dar, denn die Kurzarbeit soll gerade dazu dienen, die Notwendigkeit einer Kündigung zu vermeiden.

Es bleibt aber natürlich der allgemeine Kündigungsschutz etwa wegen Schwerbehinderung oder Schwangerschaft.

 

4. Unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe können KuG und Insolvenzgeld zeitgleich gezahlt werden, wenn nun Kurzarbeit und Insolvenz aufeinandertreffen?

→ Eine gleichzeitige Zahlung von Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld gibt es regelmäßig nicht.

Kommt es zu einer Insolvenz des Arbeitgebers, so kann für die letzten drei Monate vor der Insolvenz der Lohnanspruch über das sogenannte Insolvenzgeld, das von der Agentur für Arbeit gezahlt wird, abgesichert werden. Das Insolvenzgeld entspricht in der Höhe dem vollen Nettogehalt. Bei der Einführung von Kurzarbeit verzichtet der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber auf den Lohnanspruch, sodass der Anspruch auf Insolvenzgeld ins Leere läuft. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob aufstockende Zahlungen des Arbeitgebers vom Insolvenzgeld erfasst werden, soweit diese noch nicht durch den Arbeitgeber geleistet wurden.

Im Rahmen der Vereinbarung zur Kurzarbeit kann auch die Stellung des Insolvenzantrags als sogenannte auflösende Bedingung vereinbart werden. Dann erhalten die Arbeitnehmer bei Stellung des Insolvenzantrags ihren Lohnanspruch zurück und können wieder Anspruch auf Insolvenzgeld haben. Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt darin, dass das Insolvenzgeld 100% des Lohnanspruchs absichert, das Kurzarbeitergeld regelmäßig nur 60% (Aufstockungen, auch im Zuge der „Corona-Gesetzgebung“ bleiben hier außen vor). Das Kurzarbeitergeld kann aber jedenfalls auch nach Stellung eines Insolvenzantrages fortgeführt werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lorenz. 

ARBEITSRECHT

In der Serie „Arbeitsrecht für Köchinnen und Köche“ veröffentlichen wir Interviews mit dem Rechtsanwalt Matthias B. Lorenz, der auf arbeitsrechtlich relevante Fragestellungen wie Kündigungsschutz, Kurzarbeitergeld, Arbeitsvertrag, Urlaubs- und Überstundenregelung eingeht. Der VKD beleuchtet dabei sowohl die relevanten Aspekte für den Arbeitnehmer, als auch die für den Arbeitgeber.

Corona-Übersicht    Corona-News


Nichts mehr verpassen: Der VKD-Newsletter informiert Sie stets über Neuigkeiten in der Köche-Welt.

Zur Anmeldung

Suchen Sie etwas Bestimmtes? Hier können Sie unsere Seite durchsuchen.