Vietnam beschreibt der reisende Kochpraktikant Bruno Ebermann als das kulinarisch exotischste seiner Reise.
Von Sonja Kuhl
Ob Schlange in Reisschnaps, gebratener Hund oder Vögel in Whisky eingelegt: „In Vietnam essen sie alles“, hat Bruno Ebermann festgestellt. Seine Erklärung: Durch die Kriege waren die Felder und Weiden geradezu leer. „Sie mussten damals Essen, was sie finden konnten, wenn sie nicht verhungern wollten“, sagt das VKD-Mitglied. Das habe die Küche stark geprägt – und auch den reisenden Koch-Praktikanten, der Vietnam als das kulinarisch exotischste Land seiner Reise beschreibt. In seinen zwei Monaten dort hat er sich durch eine ganze Reihe (für westliche Verhältnisse) kurioser Speisen gegessen. Zum Beispiel die folgenden:
- Feldmaus
- Baumratten von Zuckerrohrplantagen
- Kokussnusswürmer; zur Erläuterung: Die Würmer – einer etwa so groß wie ein Daumen – werden lebendig in Fischsauce und Whiskey mariniert. Dazu kommen Knoblauch, Salz und Chili. Beim Essen müsse man von hinten anfangen, erklärt Bruno. Die Kopfpartie des Wurms sei hart umknorpelt. „Das kann man nicht essen.“ Beim Reinbeißen schrumpft der Wurm übrigens zusammen und es gibt einen kleinen Plopp im Mund. Der Geschmack: „Interessant.“
- Embryo-Ei; zur Erläuterung: Ein angebrütetes Ei wird gekocht. Es schmecke wie ein richtig gutes Bio-Ei mit richtig viel Eigelb, beschreibt Bruno. Allerdings sei ein leichter Knorpel drin.
- gegrillte Eidechse
Auch Hund hat der 27-Jährige probiert – auf einem Markt im Kreise vietnamesischer Langstrecken-Busfahrer („Die haben einen Affenzahn bei Trinken.“). Auf seinen Social-Media-Kanälen kassierte Bruno dafür viel Kritik. Wie er denn nur Hund essen könne, hätten seine Follower gefragt. In Vietnam sei das aber völlig normal. Genauso wie Känguru essen in Australien. Oder wie es für unsereins normal ist, Rindfleisch zu essen, während dies für Menschen in Indien unvorstellbar sei. „Ein schwieriges Thema“, sagt Bruno.
Schwierig war es für ihn auch, in Vietnam einen Praktikumsplatz zu finden. Er habe dort keine Kontakte gehabt, was ihm wieder gezeigt hat, wie wichtig ein gutes Netzwerk ist. Aber auch die Vietnamesen selbst hätten ihn nicht einstellen wollen. Zum einen sei da die Sprachbarriere gewesen. Zum anderen hat Bruno aber auch das Konkurrenzdenken unter den Menschen dort als sehr hoch empfunden. „In den Familien ist das so: Einer macht einen Laden auf. Dann schafft die ganze Familie mit. Als Koch verdient man nicht viel. Wenn man jedoch das Restaurant selbst betreibt, ist das Einkommen höher. Deshalb macht das Familienmitglied, das gerade noch in der Küche gearbeitet hat, selbst einen Laden auf. Aber nicht eine Straße weiter, sondern direkt nebenan.“ Viele Menschen dort seien sehr auf Geld fokussiert, empfindet Bruno. Die Schere zwischen Arm und Reich sei sehr groß. Insbesondere auf dem Land arbeiten auch Kinder schon früh. „Angenommen die Mutter eines Kindes wird krank: Dann kann das Kind nicht in die Schule gehen, sondern muss arbeiten, um Geld für die Medikamente der Mutter zu verdienen“, erläutert er.
Köchen in kleinen Garküchen zuschauen
Die Nachwirkungen des Krieges, haben für den 27-Jährigen immer mitgeschwungen. Er habe sich viel mit der Geschichte beschäftigt. „Da wurden so viele Leute umgebracht. Am Ende war ich richtig verwirrt“, gibt Bruno zu. Auch heute noch sehe man verkrüppelte Menschen auf den Straßen – Nachfahren derer, die im Krieg zu viel Agent Orange (ein chemisches Entlaubungsmittel) eingeatmet haben.
Weil es mit einer Praktikumsstelle nicht klappte, hat Bruno umso mehr probiert und Fotos gemacht. Zwei, drei Mal habe er die Möglichkeit gehabt, den Köchen in kleinen Garküchen in die Töpfe zu schauen. Ein Koch auf Phú Quốc Island habe extra für ihn einen Kochkurs arrangiert und ihm gezeigt, wie man Pho (Nudelsuppe) kocht. Weil er selbst nicht viel gekocht hat, habe er sich sehr auf seinen Geschmack verlassen, viele neue Gewürze probiert und vielen Samen nach Hause geschickt. „Ich bin nun keine Experte vietnamesische Küche geworden, aber habe meine Liebe zu Fischsauce und Palmzucker entdeckt.“
Und Bruno ist gereist – insgesamt zwölf Stationen im ganzen Land besuchte er und verbrachte auch Weihnachten dort. In Hoi An beispielsweise treffen sich der Norden und Süden des Landes. „Hoi An wurde im Krieg nicht komplett zerstört, und die Altstadt ist noch fast komplett erhalten. Da gibt es eine tolle Küchenkultur“, berichtet er.
Qui Nhơn, ein Touristengebiet, habe er ebenfalls besucht. Nur Einheimische verbrächten hier ihren Urlaub, erläutert der reisende Koch-Praktikant. Hier habe er das beste Seafood und richtig guten Fisch gegessen – und am Strand gelegen.
Über Bruno Ebermann:
Bruno Ebermann, 27 Jahre alt, aufgewachsen als Sohn eines Gastronomenpaars, absolvierte seine Kochausbildung im Schwarzwald. Schon früh stand für ihn fest, dass er kochend die Welt bereisen möchte. So arbeitete er unter anderem in Sterneküchen im Schwarzwald, in London und St. Moritz, in einem Coffeeshop mitten im australischen Outback, einem American Style Steak House in Melbourne, dem schwäbischen Gasthof seiner Eltern bei Stuttgarter sowie im Casual Fine Dining in einem koreanischen Restaurant in Berlin. 2016 hat er seine Reise durch zehn Länder Asiens gestartet. In einer Serie berichtet er davon auf der VKD-Website sowie unter www.theculinarygypsy.com.