Keine Branche ist davor gefeit und nicht nur Männerberufe sind betroffen. Wo sexuelle Belästigung beginnt und wie Köchinnen und Köche sich am besten verhalten, zeigen wir in diesen Beitrag von „Respekt? Die Basis!“.
Sie verletzt die Würde eines Menschen und ist am Arbeitsplatz nicht erwünscht: Sexuelle Belästigung beginnt viel früher als allgemein angenommen. Sie kann verbal, non-verbal oder physisch erfolgen und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie ohne das Einverständnis der anderen Person geschieht. Das wiederum stellt einen wesentlichen Unterschied zum Flirt dar, der beiderseitig gewünscht ist. So wie jeder andere Arbeitsplatz, zählt eine Profiküche ebenfalls zu den Orten, an denen derartige Übergriffe und Anfeindungen stattfinden – auch wenn die angreifende Person es nicht als Fehlverhalten erkennt oder im Nachhinein verharmlost.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt ausdrücklich sexuell bestimmtes Verhalten, das die Würde der betroffenen Person verletzt.
Verboten sind:
- unerwünschte sexuelle Handlungen wie bedrängende körperliche Nähe, die ein Kollege oder Kunde zu Ihnen sucht
- die Aufforderung zu unerwünschten sexuellen Handlungen wie „Setz dich auf meinen Schoß!“
- sexuell bestimmte körperliche Berührungen, dazu zählen (scheinbar zufällige) Berührungen von Brust oder Po oder unerwünschte Nackenmassagen
- Bemerkungen sexuellen Inhalts wie zum Beispiel obszöne Witze oder sexuelle Anspielungen
- unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen wie pornografische Magazine im Arbeitsbereich oder Nacktfotos an den Wänden
Häufiger als vermutet
Jede elfte erwerbstätige Person (neun Prozent der Befragten) hat in den vergangenen drei Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Frauen waren mit einem Anteil von 13 Prozent mehr als doppelt so häufig wie Männer (fünf Prozent) betroffen. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die im Oktober 2019 veröffentlicht wurde.
Sind diese oder ähnliche Vorfälle vorgekommen, wäre ein Vier-Augen-Gespräch auf Augenhöhe die allererste Wahl. Das ist manchmal im Alltag einer Profiküche nicht einfach. So können Sie sich in solchen Fällen verhalten:
Ich fühle mich belästigt, was kann ich tun?
- Sagen Sie der Person, dass Sie sich durch ihr Verhalten belästigt fühlen, und machen Sie – wenn möglich – deutlich, dass Sie das nicht mehr wünschen. Kündigen Sie Konsequenzen an.
- Führen Sie ein Gedächtnisprotokoll, um die Übergriffe Ihres Kollegen, Vorgesetzten oder eines Kunden zu dokumentieren. Ein solches Protokoll dient dazu, Fakten zusammenzutragen.
- Informieren Sie Ihren Arbeitgeber, damit er Sie unterstützt. Sie haben das Recht sich zu beschweren und Ihr Arbeitgeber die Pflicht, alle Beschäftigten vor sexueller Belästigung zu schützen. Dabei ist es egal, ob es sich bei den Tätern um Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden handelt.
- Sollte Ihr Arbeitgeber nicht reagieren oder selbst derjenige sein, der Sie belästigt, suchen Sie sich außerbetriebliche Unterstützung, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
- Neben den Rechten eines betroffenen Arbeitnehmers gibt es Pflichten für den Arbeitgeber, denen er unbedingt nachgehen sollte.
Ich bin Arbeitgeber/Vorgesetzter, wie verhalte ich mich richtig?
- Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, eine Beschwerdestelle für betroffene Beschäftigte einzurichten. Die Stelle bzw. Person (einschließlich Orte und Zeiten der Anlaufstellen) müssen allen Beschäftigten bekannt gemacht werden. Die Information sollte mindestens über einen Aushang oder eine E-Mail erfolgen.
- Im Falle einer Beschwerde muss gewährleistet sein, dass Beschäftigten, die eine Beschwerde einreichen, keine Nachteile entstehen. Es gilt das Maßregelungsverbot (§ 16, AGG).
- Als Präventionsmaßnahmen eignen sich Schulungen zur Sensibilisierung für das Thema, verpflichtende Fortbildungen für Personalverantwortliche, Festlegung von Verfahrensprinzipien der Beschwerdestelle, Abschluss und Überprüfung einer Betriebsvereinbarung zum Umgang mit sexueller Belästigung sowie Umfragen im Betrieb, um die Effizienz der Präventionsmaßnahmen zu erfassen.
Die Beschwerdestelle im Betrieb ist eine wichtige Instanz. Wie und mit wem sie besetzt wird, ist dem Unternehmen grundsätzlich selbst überlassen. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Maßnahmen im Umgang mit diesem sensiblen Thema oft nur wenig bekannt sind – nicht nur in der Gastronomie. Dabei lohnt sich die Investition in ein vertrauensvolles, partnerschaftliches Miteinander in jedem Fall. Sowohl für die zwischenmenschliche als auch die wirtschaftliche Zufriedenheit.
Weiterführende Informationen
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte zum Download
Respekt? Die Basis!