Richtig Heben und Tragen Schwer Heben und Tragen gehört in der Küche zum Alltag. Um Rückenproblemen vorzubeugen, sind Ausgleichsübungen sinnvoll. Foto: Pexels

Schwere Gusspfannen, Kanister mit Olivenöl… Köche und Küchenhilfen müssen im Alltag immer wieder Lasten anheben und tragen. Das kann auf Dauer und bei falscher Belastung zu Gesundheitsproblemen führen.

Von Andrea Schorradt

Nur mal eben – wie oft haben Köche und Küchenhilfen das schon gedacht, wenn sie mal wieder schwere Lasten gehoben haben. Der Kanister mit Olivenöl, die Gemüsekisten, das Fleisch aus dem Kühlraum, ein Stapel schwerer Gusspfannen und, und, und. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Allgemein gilt: Frauen sollten sich bei gelegentlichem Heben nicht mehr als 15 kg zumuten und Männer – abhängig vom Lebensalter – eine Last von 35 bis 45 kg nicht überschreiten. Bei häufigem Heben sind es bei Frauen nur noch 10 kg, für Männer zwischen 20 und 25 kg. Natürlich gibt es Berufe und Branchen, in denen diese Werte noch viel häufiger erreicht oder überschritten werden als in der Gastronomie – aber auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift.

„Grundsätzlich haben Belastungen für den menschlichen Körper keine negativen Folgen. Unser Körper ist eine einzigartige Konstruktion, die sich selbst durch Belastungen verbessert. Das ist ein Grundprinzip jedes Trainings“, sagt Dr. rer. nat. Ingo Bradl von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe,  Geschäftsbereich Prävention, Gesundheitsschutz. „Es gibt einen optimalen Bereich, in dem Muskeln, Bänder, Knochen, Gelenke und Nerven Belastungen gut aufnehmen und sich darauf einstellen. Aber: Außerhalb des Optimalbereichs werden Belastungen zu Fehlbelastungen“, schränkt er ein. Und das ist auch bei Köchen und Küchenhilfen keine Seltenheit. Die Folge sind vor allem Rückenprobleme, die – wird nicht rechtzeitig darauf reagiert – langfristige oder sogar dauerhafte Schäden am Muskel-Skelett-System nach sich ziehen können. Vor allem degenerative Erscheinungen, etwa Bandscheibenvorfälle, können auftreten. Dr. Bradl: „Anfangs führt zu schweres Heben oder Tragen nur zu vorübergehenden Beschwerden, die nach ausreichender Erholung zurückgehen. Werden die Belastungsgrenzen allerdings häufig überschritten oder fehlt die Erholungszeit, kommt es bei Arbeiten in Zwangshaltungen auch ohne Lastgewichte zur Muskelermüdung. Die Leistungsfähigkeit sinkt und muss durch größere Anstrengung ausgeglichen werden. Gleiches gilt natürlich für das häufige Bewegen schwerer Lasten.“

 

Tipps für den Alltag auf einen Blick

Die BGN hat in einem Unterweisungskurzgespräch für Arbeitgeber verschiedene Lösungen zur Reduzierung der Belastung zusammengefasst. Darin heißt es unter anderem:

  • Wenn möglich, nicht einseitig tragen, sondern die Lasten gleichmäßig verteilen und ggf. kleinere Gebinde nutzen
  • Auf Verspannungen (Warnsignale) achten
  • Beim Tragen sollte die Last nie die Sicht versperren
  • Geeignete Hilfsmittel, wie zum Beispiel Rollwagen mit leichtgängigen Rädern, nutzen
  • Keine extremen Bewegungen durchführen
  • Lasten körpernah tragen
  • Rückenschonend anheben – nicht einfach bücken, sondern mit bewusst gerade gehaltenem Rücken heben
  • Nie gleichzeitig zur Hebebewegung auch Drehbewegungen durchführen

Was im Alltag oft unterschätzt wird: Ist die Überbelastung erst einmal da, kann auch das Heben und Tragen von vermeintlich leichten Gewichten zur übermäßigen Anstrengung werden. Dr. Bradl: „Wer sich beispielsweise häufig bückt, sollte auch daran denken, dass er nicht nur die Last, sondern immer auch das eigene Körpergewicht bewegt.“

Entgegen älterer Lehrmeinungen, beim Anheben schwerer Lasten in die Knie zu gehen und sich aus der Kniebeuge heraus aufzurichten, empfehlen Experten heute vor allem, beim Anheben auf einen geraden Rücken zu achten. „In dieser Haltung stabilisiert sich die Wirbelsäule quasi von selbst, wenn die umgebende Muskulatur angespannt wird. Daher ist das bewusste Geradehalten so wichtig“, erklärt Dr. Bradl. „Bei häufigem Heben aus den Knien können die Kniegelenke zu stark belastet werden. Das gilt besonders für ältere Beschäftigte.“ Werde die Last körpernah geführt, sei auch eine Vorbeuge beim Anheben nicht schädlich.

Allgemein gilt: Die Möglichkeit, Hilfsmittel wie Rollwagen oder Hebevorrichtungen zu nutzen, sollte immer geprüft werden. Und: Da sich im Alltag nie alle Hebe- oder Tragearbeiten vermeiden oder ersetzen lassen, empfiehlt es sich, neben den oben genannten Handlungsempfehlungen, auch Ausgleichsübungen durchzuführen. Zusätzlich können regelmäßige, kurze Pausen, vielseitige Bewegungen und Ausgleichssport in der Freizeit helfen.

 

Das Unterweisungskurzgespräch der BGN zum Thema Heben und Tragen mit prägnanten Infos und Illustrationen kann auf der Website der BGN heruntergeladen werden.


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