Hong Kong: Wo Köche in kurzen Hosen kochen Das Streetfood in Hong Kong lässt keine Wünsche offen. Foto: privat

Verkehrschaos, Wolkenkratzer und kein Schlaf – zumindest für die ersten Tage. In Hong Kong hat Bruno den Start eines malaiischen Pop-up-Restaurants unterstützt, ist auf Köche in kurzen Hosen getroffen und hat die Rolle von Fertigprodukten in der chinesischen Küche kennengelernt.

Von Sonja Kuhl

Als der reisende Kochpraktikant Bruno Ebermann in Hong Kong ankam, wusste er schon, dass er eine wichtige Aufgabe haben würde: Zwei Töchter der malaiischen Köchin Aunty Aini, die Bruno während seines Aufenthalts dort kennengelernt hatte, wollten in Hong Kong ein Pop-up-Restaurant eröffnen. Und dabei haben sie um die Unterstützung des deutschen Kochs gebeten. Das hat er natürlich gerne gemacht.

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Hong Kongs Skyline bei Nacht. Foto: privat

Noch nachts nach seiner Ankunft haben sich die beiden Schwestern samt einem Ehemann und Bruno in die heimische Küche gestellt und begonnen, Desserts zu produzieren. Tag zwei bewegte sich zwischen Verkehrschaos auf dem Weg in die Stadt, Einkaufen auf dem Markt und erneuten Vorbereitungen, die fast die ganze Nacht dauerten. Am nächsten Tag ging’s dann aufregend los. Denn dem Mise en Place stand eine ein Kilometer lange „Fahrt“ auf einem wackeligen Wagen vom Haus zum Auto bevor. Zum Glück ging alles gut. Ein gutes Omen für den Tag.

Ein schöner Lagerraum in einem Hochhaus mit Blick über Hong Kong war die Location für das Pop-up. Dort hieß es: sauber machen und kochen, bis am frühen Abend die ersten Gäste bestehend aus Freunden und Verwandten auftauchten. „Am Abend ging es ab. Es gab eine richtige Party“, erinnert sich Bruno. Das böse Erwachen kam am nächsten Morgen nicht nur wegen einem üblen Kater: „Wir haben falsch kalkuliert. Wir haben alles Mise en Place an einem Abend verbraucht, was für zwei Tage gedacht war“, sagt Bruno. Dank schneller Vorbereitung gelang jedoch auch der zweite Abend.

Erst seine fünfte Nacht verbrachte Bruno „so richtig“ in Hong Kong. Via Couchsurfing hatte er eine kostenlose Unterkunft gefunden. Der Besitzer überließ ihm sogleich das ganze Apartment. Eine komfortable Lösung.

Das Köche-Team im Ho-Lee-Fook. Foto: privat
Das Köche-Team im Ho Lee Fook. Foto: privat

Das Ho Lee Fook, eines der besten Restaurants in Hong Kong, war Brunos Praktikumsziel, zu dem er schon im Vorfeld Kontakt aufgenommen hatte. Der Küchenchef hat die moderne chinesische Küche etabliert, traditionelle Gerichte mit guten Produkten verfeinert. „Das Restaurant war immer voll. Es gab 50 Sitzplätze, abends haben wir 200 Leute abgefertigt“, berichtet Bruno.

Das Ho Lee Fook stellt nur selten Praktikanten ein. Bruno hatte Glück. „Sie haben mich voll eingebunden, ich konnte viel machen und habe viel gelernt“, berichtet er – nicht nur, dass (zumindest im Ho Lee Fook) alle Köche in kurzen Hosen gearbeitet haben, weil es so heiß war.

 

China-Küche basiert auf Fertigprodukten

Metzgerei in Hong Kong. Foto: privat
Metzgerei in Hong Kong. Foto: privat

Die Küche in Hong Kong basiere vielfach auf Fertigprodukten, hat Bruno erfahren. Ältere Köche wüssten schon, wie sie Chilisoße selbst machen und kennen den Fermentierungsprozess. Junge Köche lernten dies nicht mehr. „Das Personal ist zu teuer, um all das selbst zu machen“, sagt Bruno. Geschmacksverstärker würden dort so regulär verwendet wie in Europa Salz. In der westlichen Welt sei dies verpönt, in der chinesischen Küche aber ein normales Würzmittel. „Sie kaufen das beste Rind aus Japan, aber würzen mit Geschmacksverstärkern. Sie lassen Gambas extra aus Italien einfliegen, geben aber die Sweet-Chili-Soße aus der Packung dazu“, erklärt Bruno und gibt zu, dass er ganz hin- und hergerissen ist, was er davon halten sollBruno hat den Geschmack selbstverständlich selbst austesten wollen. Sein Fazit: „Es schmeckt hammergeil.“ Und irgendwo mache es in der chinesischen Küche dann doch Sinn, Geschmacksverstärker und Fertigsoßen zu verwenden: „Sie müssten stundenlang Fonds kochen, teure, getrocknete Fische kaufen und Brühe machen, um diesen Geschmack hinzubekommen.“ Dazu bräuchten sie nicht nur mehr Personal, sondern vor allem mehr Platz in den Küchen. Da die Mieten hoch sind, sind die Küchen klein. „Das ist der moderne Weg“, erläutert Bruno. „Köche müssen funktionieren.“ Deshalb werden Rezepte vereinfacht und Convenience in den Alltag eingebaut – ohne Geschmacksverlust.

Die Streetfood-Kultur sei in Hong Kong fast ausgestorben, hat Bruno erfahren. Das gebe es nur noch für die Touristen. Er hat sich zwischen Hochhäusern und unglaublich vielen Menschen („Das ist brutal!“) stets die kleinen Restaurants herausgesucht. „Da lohnt es sich, eine halbe Stunde in der Schlange zu stehen und auf einen Platz zu warten.“ Denn das Essen dort sei „brutal gut“.

 

Nächster Stopp: Japan 

 

Über Bruno Ebermann:

Bruno Ebermann, 27 Jahre alt, aufgewachsen als Sohn eines Gastronomenpaars, absolvierte seine Kochausbildung im Schwarzwald. Schon früh stand für ihn fest, dass er kochend die Welt bereisen möchte. So arbeitete er unter anderem in Sterneküchen im Schwarzwald, in London und St. Moritz, in einem Coffeeshop mitten im australischen Outback, einem American Style Steak House in Melbourne, dem schwäbischen Gasthof seiner Eltern bei Stuttgarter sowie im Casual Fine Dining in einem koreanischen Restaurant in Berlin. 2016 hat er seine Reise durch zehn Länder Asiens gestartet. In einer Serie berichtet er davon auf der VKD-Website sowie unter www.theculinarygypsy.com.


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