„Blick von außen als hilfreiche Unterstützung“ Foto: Canva

In dieser Interviewreihe sprechen wir über Dinge, die Köch:innen und die Branche aktuell besonders beschäftigen. Diesmal mit Maik Maschke zu Lebensmittelkontrollen in gastronomischen Betrieben.

Interview Anna Häuser Fotos BVLK, Canva

Herr Maschke, worauf achten Lebensmittelkontrolleur:innen bei den Kontrollen in gastronomischen Betrieben besonders und wie hoch ist die Beanstandungsquote?  

Die gastronomischen Einrichtungen werden risikobasiert regelmäßig kontrolliert und die Arbeits-, Bau- und Personalhygiene entsprechend der Vorgaben in Augenschein genommen. Dem folgt meist eine Dokumentenprüfung wie durchgeführte Temperaturkontrollen, Schulungsnachweise der Beschäftigten, Überprüfung der Belege und Lieferscheine. Nicht zu vergessen sind die Kennzeichnung zur Einsichtnahme der eingesetzten Allergene und Zusatzstoffe in Speisen und Getränken und die Überprüfung der Bezeichnung der Lebensmittel, um eine Irreführung und Täuschung des Verbrauchers zu vermeiden – zum Beispiel ein Wiener Schnitzel aus Schweinefleisch statt aus Kalbfleisch. 

Die Besuche der Lebensmittelkontrolleur:innen sind bei Gastonom:innen eher unbeliebt. Warum sind sie dennoch wichtig?  

Die Betriebskontrollen dienen dem gesundheitlichen Verbraucherschutz. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen darauf vertrauen können, dass das, was sie verzehren oder in anderer Weise gebrauchen, gesundheitlich unbedenklich und sicher ist. Für die Sicherheit der Lebensmittel sind die Unternehmer:innen selbst verantwortlich. Wir als Lebensmittelkontrolleur:innen prüfen, ob die diesbezüglichen Maßnahmen ausreichen. Viele Unternehmer:innen und deren Mitarbeitende werden „betriebsblind“, da sollte der Blick von außen als hilfreiche Unterstützung verstanden werden. 

Welche Dinge müssen Köch:innen mit Blick auf den Sommer besonders beachten – zum Beispiel beim Thema Kühlung?  

Wie jedes Jahr machen den Lebensmittelbetrieben die erhöhten Außentemperaturen im Sommer zu schaffen. Steigen die Temperaturen, so steigt auch das Risiko beim Aufbewahren und Verarbeiten von Lebensmitteln. Hier kommen die Mikroorganismen, z. B. Salmonellen, und andere Keime ins Spiel, denn das sind deren Wohlfühltemperaturen, um sich bestens vermehren zu können. Das betriebseigene HACCP-Konzept sollte entsprechend angepasst werden, um mögliche Gefahren durch Unterbrechung der Kühlkette im Vorfeld zu vermeiden. Mangelnde Hygiene kann neben Durchfallerkrankungen zu schwerwiegenden Lebensmittelerkrankungen und Vergiftungen bis hin zum Tode führen. Lange Transportwege, Unterbrechungen der Kühlkette und zu lange Stand- und Lagerzeiten sollten daher unbedingt vermieden werden. Außerdem sollten Mitarbeitende strikt die Betriebs-, Personal- und Produktionshygiene einhalten. 

Haben sich das Bewusstsein oder die Regelungen in Sachen Hygiene mit und nach Corona geändert, wenn ja, wie?   

Die Hygieneregeln einzuhalten, hat ohne Fragen oberste Priorität – nicht erst seit Corona. Ein Trend ist allerdings beängstigend. Die Händedesinfektion ist seit der Pandemie ein wichtiges Thema. Ein großer Teil der Beschäftigten ist nun aber der Meinung, die Desinfektion reiche für die Händehygiene aus und so wird das Händewaschen vernachlässigt oder im Extremfall vergessen. Auch das Tragen von Einweghandschuhen signalisiert dem Verbraucher eine falsche Sauberkeit. Tatsächlich „springen“ die Keime und der Schmutz von A nach B, denn es erfolgt beim Verlassen der Bereiche weder ein Wechsel der Einweghandschuhe noch ein Händewaschen. Das ist außer Frage eine trügerische Sicherheit und entbindet nicht vom Händewaschen. Zudem fehlen häufig Mittel zur Händereinigung oder es werden nicht die richtigen verwendet. Auch die Herstellervorgaben zur Anwendung von Händedesinfektionsmitteln werden häufig missachtet (z. B. Verwendbarkeitsdatum), sodass diese unwirksam bleibt. 

Maik Maschke ist seit 20 Jahren in der amtlichen Lebensmittelüberwachung als Lebensmittelkontrolleur und Qualitätsmanagementbeauftragter beschäftigt. Seit April 2022 ist er Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands e. V. (BVLK), hier in Hauptverantwortung für die Öffentlichkeits- und Pressearbeit. Mehr Infos auf www.bvlk.de

 


Betriebskontrollen in Deutschland 

Die Häufigkeit und Tiefe der Kontrollen sind abhängig vom Ergebnis der für jeden Betrieb durchzuführenden Risikobeurteilung, die sich an den Vorgaben von Bund und EU orientiert. Anzuwenden ist hier u. a. die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts, des Rechts der tierischen Nebenprodukte, des Weinrechts, des Futtermittelrechts und des Tabakrechts (AVV-Rahmen-Überwachung – AVV RÜb) vom 20.01.2021. Die einzelnen Kontrollen sind in den Berichten der 16 Bundesländern enthalten. Dem mehrjährigen nationalen Kontrollplan (MNKP) der Bundesrepublik Deutschland, den das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) herausgibt, ist folgendes zu finden: Bei den insgesamt 1.211.257 registrierten Betrieben, die im Jahr 2021 in der Produktion, der Verarbeitung oder dem Vertrieb von Lebensmitteln tätig waren, erfolgten 570.338 amtliche Kontrollen in 361.731 Betrieben, bei denen 104.969 Verstöße festgestellt wurden.

Die betreffenden Betriebskategorien sind breit und reichen unter anderem von Erzeugern, Herstellern, Abpackern und Transporteuren über Einzelhändler wie Lebensmittelgeschäfte, Dienstleistungsbetriebe wie Gastronomie und Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung, Wochenmärkte, Drogerien und Volksfeste. Aber auch Schmuck, Kinderspielzeug, kosmetische Mittel, Tattoofarben, Zigaretten oder Nahrungsergänzungsmittel unterliegen von der Herstellung/Produktion bis zum Endverbraucher auf allen Stufen der Kontrolle durch die amtliche Lebensmittelüberwachung.

 

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