„Die beste Reaktion ist Prävention“ Foto: Canva

In dieser Interviewreihe sprechen wir über Dinge, die Köch:innen und die Branche aktuell besonders beschäftigen. Diesmal mit Rechtsanwalt Matthias B. Lorenz über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, von der leider auch die Profiküche betroffen ist.

Interview Anna Häuser Fotos Lothar Mantel, Canva

Was versteht man unter sexueller Belästigung am Arbeitsplatz? 

Eine sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, § 3 Abs. 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Dazu gehören auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen. Beispiele hierfür reichen von aufdringlichen Blicken und anzüglichen oder herabsetzenden Bemerkungen über indiskrete Fragen zum Liebesleben, körperliche Annäherungen bzw. unerwünschten Körperkontakt bis hin zu Nachstellung (Stalking), körperlicher Gewalt, sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Die Beispiele zeigen die große Bandbreite, sie sind nicht als abschließend zu verstehen.  

Wie können Betroffene reagieren? Welche rechtlichen Möglichkeiten haben sie? 

Die beste Reaktion dürfte eine gute Prävention sein. Am Arbeitsplatz kann dies nur gelingen, wenn ein respektvolles Miteinander von der Geschäftsleitung vorgegeben und von den Vorgesetzten vorgelebt wird. Wird sexualisierte Belästigung erlebt, so wird es sinnvoll sein, sich zunächst der akuten Situation zu entziehen. Je nach Intensität der Belästigung kann dann gegen den Täter oder die Täterin vorgegangen werden. Bei schweren Fällen ist das Strafrecht einschlägig, Taten sollten unbedingt zur Anzeige gebracht werden. Handelt es sich „nur“ um Blicke oder Bemerkungen, so wird eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ausscheiden. Dann bleibt individuell allenfalls die Möglichkeit von Unterlassungsansprüchen, wobei hier oftmals Schwierigkeiten in der Beweisführung bestehen werden.  

Außerdem sollten der Arbeitgeber bzw. die Vorgesetzten informiert werden. Denn nur bei entsprechender Kenntnis können auch arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden.  

Hilfestellung bieten auch Institutionen wie das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen oder die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Letztere hat auch einen Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte bereitgestellt. Es kann sich anbieten, Broschüren oder sonstige Informationsmaterialien von Beratungsstellen auszulegen. 

Welche Pflichten habe ich als Arbeitgeber:in, um meine Beschäftigten vor Belästigungen zu schützen? 

Das AGG verpflichtet den Arbeitgeber in § 12 Abs. 1, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung zu treffen. Ein solcher Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Konkret muss der Arbeitgeber „in geeigneter Art und Weise“ auf die Unzulässigkeit sexueller Belästigung hinweisen und darauf hinwirken, dass sie unterbleiben. Es besteht insoweit eine Informationspflicht im Betrieb. 

Erfolgt dennoch ein Verstoß, muss der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung treffen. Hier kommen Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung in Betracht. Auch dann, wenn die Belästigung durch Dritte (z. B. Gäste oder Lieferanten) erfolgt, muss der Arbeitgeber einschreiten. Hier kommt etwa ein Hausverbot in Betracht. 

 

Matthias B. Lorenz ist seit 2018 als Rechtsanwalt zugelassen und tätig. Er berät und vertritt private und gewerbliche Mandanten im Sozial- und Sozialversicherungsrecht, im Arbeitsrecht, außerdem im Verwaltungs- und Mietrecht. Der VKD bietet eine kostenlose Erstberatung im Bereich Arbeitsrecht für Mitglieder durch Herrn Lorenz an.

 


Respekt ist das A und O jeder Zusammenarbeit – auch in der Profiküche. In der Serie „Respekt? Die Basis!“ zeigen wir, wie wichtig Achtung im Arbeitsalltag ist. 

 

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