Inklusion wird in Donauwörth täglich gelebt und aktiv gefördert. 2018 verdiente sich die Schule im Landkreis Donau-Ries dafür den Titel „Profilschule Inklusion“.
von Aina Keller
In Donauwörth treffen zwei Ausbildungsberufe aufeinander: Koch/Köchin und Fachpraktiker/-in Küche (Beikoch). Das Besondere an der Abteilung Gastronomie, geleitet von Oberstudienrätin (OStRin) Nadine Bach, ist die gemeinsame Beschulung im Rahmen der Inklusion. Dabei werden an der staatlichen Berufsschule nicht nur einzelne Schüler in den regulären Unterricht integriert, sondern ein ganzes Berufsfeld. Die Auszubildenden bringen die verschiedensten Formen an speziellem Förderbedarf mit.
Ein wichtiger Faktor ist die enge Kooperation mit der Adolph-Kolping-Berufsschule (Berufsförderschule), die sich durch kurze Entfernung und unkomplizierte Kommunikationswege auszeichnet. „Unsere Gastronomieabteilung möchte ein Ort der beruflichen Wissensvermittlung und des ganzheitlichen Lernens sein, aber auch ein Ort der Begegnung, der individuellen Förder- und Forderung und der persönlichen Weiterentwicklung. An diesen Leitzielen arbeiten wir stetig“, erklärt Nadine Bach. „Erleichtert wurde uns dieses Arbeiten, als der Modellversuch Inklusion von der Regierung von Schwaben dauerhaft genehmigt wurde und wir den Titel Profilschule Inklusion 2018 verliehen bekamen. Dadurch erhielten wir die materiellen und personellen Möglichkeiten, die Schüler ganzheitlich im Tandem zu beschulen.“ Die Teams bestehen im theoretischen Unterricht aus den Oberstudienrätinnen Theresia Maier (Fachbereichsleitung Ernährung Adolph-Kolping-Berufsschule) und Nadine Bach sowie im praktischen Bereich aus Fachlehrer Jürgen Bunk (Adolph-Kolping-Berufsschule) und Küchenmeister Roland von Bargen.
Erfolgsmodell Tandem-Beschulung
Ziel ist es, die Köche und Fachpraktiker Küche zu einem erfolgreichen Berufsabschluss zu führen und beiden einen guten Start in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Der Erwerb von Fähigkeiten, die den Schülern mit Förderbedarf ein eigenständiges Leben ermöglichen, nimmt eine wichtige Rolle ein. Die Auszubildenden wiederum sollen Verständnis und Toleranz entwickeln und anderen ihre Hilfe anbieten. Durch den Unterricht im Tandem wird eine innere Differenzierung ermöglicht und eine Förderung des Einzelnen erreicht. „Unser Konzept und unsere Erfahrungen tragen wir immer wieder weiter“, erzählt Nadine Bach. „Zuletzt 2019 beim schwäbischen Schulentwicklungstag.“
Ganzheitlicher Unterricht
Beispielhaft für die Verzahnung von Theorie und Praxis ist das Wildprojekt, an dem sich die Köche aller drei Jahrgangsstufen beteiligen. Vom ortsansässigen Jäger kommt ein Reh in der Decke, das unter Anleitung abgezogen, zerlegt und vorbreitet wird. Die Grundlagen der Fachtheorie werden erarbeitet und zusammengefasst. Am eigentlichen Projekttag organisieren sich die Schüler der zwölften Klasse dann komplett selbst, sie planen und bereiten in Eigenregie ein Drei-Gang-Wildmenü zu. Die Vorspeise wird von der elften und die Rohkostsalate von der zehnten Klasse vorbereitet.
Ort der Begegnung
Das anschließende Gästeessen ist ein guter Anlass, um sich bei den Förderern der Schule zu bedanken und die Zusammenarbeit zu vertiefen. Die Schule pflegt seit Jahren eine enge Verbindung mit dem Hotel- und Gaststättenverband sowie dem Club der Köche Donau-Ries, man arbeitet im Bereich der Ausbildung und Ausbildungsförderung eng zusammen. „Eine solche Vernetzung wird immer wichtiger“, findet Nadine Bach. Der Kontakt mit Eltern und Ausbildern wiederum gelingt unter anderem beim Dessertprojekt, bei dem gemeinsam verkostet und erklärt wird. Bei dieser Gelegenheit besuchen auch ehemalige Auszubildende immer wieder gerne die Berufsschule, geben Einblicke in ihr berufliches Wirken und Tipps für die spätere Karriere.
Persönliche Weiterentwicklung
Eines der übergeordneten Ziele der Ludwig-Bölkow-Berufsschule ist es, die Sozial- und Selbstkompetenzen der Schüler zu stärken, zum Beispiel mit Betriebsbesichtigungen oder einer Rallye über den Viktualienmarkt. „So erweitern die Auszubildenden nicht nur ihre Produktkenntnis“, sagt Nadine Bach. „Sie müssen zusammenzuarbeiten, sich orientieren, Personen ansprechen und Fragen formulieren.“
Die Säulen der Inklusion
- Differenzierung: Umgang mit der heterogenen Klassengemeinschaft in Bezug auf unterschiedliche Ausbildungsberufe und Leistungsfähigkeit der einzelnen Schüler.
- Teamteaching: Zeitgleich unterrichten zwei Lehrer in einer Klasse.
- Berufsbezug: Köche und Fachpraktiker Küche arbeiten in der Schule, wie in er beruflichen Praxis, zusammen, wobei die Köche anleitend tätig sind und die Fachpraktiker Küche zuarbeiten.
- Förderunterricht: Durch zusätzliche Angebote werden die Fachpraktiker Küche individuell unterstützt und gefördert.
- Individuelle Beratung: Jeder Schüler hat Anspruch auf eine individuelle Beratung, um gezielt unterstützt und gefördert werden zu können.
- Fördern und fordern: Wir fördern und fordern unsere Schüler individuell nach ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Wir unterstützen die Selbsttätigkeit und Eigeninitiative in Phasen selbstorganisierten Lernens unter Herausstellung des Praxisbezugs.
- Sozial-emotionale Förderung: Wir fördern unsere Schüler auch außerhalb von Klassenzimmer und Schulküche im Rahmen der Sozial- und Selbstkompetenz.
Auf einen Blick
- Ludwig-Bölkow-Berufsschule in Donauwörth
- Berufsschule mit Technikerschule Faserverbund
- rund 1800 Schülerinnen und Schüler
- fünf Fachbereiche (Metalltechnik, Wirtschaft, Holztechnik, Gesundheit sowie Ernährung und Gastronomie)
- Zum Schwerpunkt Ernährung gehören die Berufsvorbereitung, die Beschulung der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge, die Grundklasse Gastronomie und die drei Kochklassen in den aufsteigenden Jahrgangsstufen.
- www.berufsschule-donauwoerth.de