Die vorletzte Station seiner Reise führte den reisenden Kochpraktikanten Bruno Ebermann nach Japan. Dort lernte er, dass Höflichkeit und Respekt in der japanischen Küche groß geschrieben werden.
Von Sonja Kuhl
„Niemand widerspricht dem Chef.“ Das ist in japanischen Küchen ungeschriebenes Gesetz – und ein Gebot des Respekts und der Höflichkeit. Aber: Auch der Küchenchef würde niemals seine Stimme erheben gegenüber Mitarbeiter oder gar die Fassung verlieren. „Damit würde er auch sein Ansehen verlieren. Schreien ist ein Zeichen von absolutem Kontrollverlust“, hat der reisende Kochpraktikant Bruno Ebermann erfahren. Dennoch habe er gewusst, sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen, wenn ihm etwas missfällt: „Durch Worte.“
Japan war der vorletzte Stopp auf der Tour des reisenden Kochpraktikanten Bruno Ebermann. Das Shirosaka – mittlerweile hat es einen Stern bekommen – war sein erster Stopp in Tokio. Die Küche sei traditionell gedacht, der Küchenchef habe aber viele internationale Techniken integriert, die er in seinen Wanderjahren auf der ganzen Welt mit eingebracht hat. Brunos Glück: Zwei seiner Kollegen waren halb Japaner halb Kanadier bzw. halb Japaner halb Engländer. Das heißt: „In der Küche waren sie immer höflich, abends waren wir richtig feiern“, erinnert sich Bruno. Bonus für Bruno: Die beiden Muttersprachler konnten bestens auf Englisch erklären, was in der Küche anstand.
Schon nach ein paar Tagen bat der Küchenchef Bruno, er können ja mal das Personalessen kochen. Klingt harmlos, bedeutete aber von japanischer
Höflichkeit in deutsche Direktheit übersetzt: „Bruno, das heißt jetzt, du musst jetzt was richtig geiles kochen.“ So ähnlich übersetzten es die beiden Kollegen für Bruno. Aus Speck, Sauerkraut bereitete Bruno Specksauerkraut zu, dazu Kässpätzle und frittierte Zwiebeln – „ganz Delikat, ganz fein angerichtet“, beschreibt Bruno. Bruno und die anderen Teammitglieder wussten, dass die Erwartungen des Küchenchefs an den jungen Deutschen hoch waren. „vorzüglich “, sagte der Küchenchef auf japanisch nach dem ersten bissen. Die Erleichterung in der Runde sei sichtlich spürbar gewesen. Denn das bedeutete: „Es schmeckt mir sehr gut.“ Bruno hatten allen Respekt des Küchenchefs.
Spannend fand Bruno die Wertigkeit des Personalessens. „Wenn man beim Fischverkäufer anruft, und sagt, dass man Fisch für das Personal braucht, gibt er das beste Stück Fisch“, sagt der 27-Jährige. Ganz anders würde dies in Deutschland gehandhabt. Da würde das Team das Filet verkaufen, und die Abschnitte würden fürs Personalessen aufgehoben.
Nach einer Woche verließ Bruno in die Küche und durfte sich als Gast des Shirosaka durch die ganze Karte essen. „Bruno, du solltest dein eigenes Restaurant eröffnen. Du bist bereit“, sagte ihm der Küchenchef zum Abschied. „Das war wie ein Ritterschlag“, sagt Bruno.
Das Salmon and Trout war Brunos zweite Station in der japanischen Metropole. Ein junger japanischer Koch hat es in einen ehemaligen Fahrradladen gebaut. „Er war sehr kreativ und hat nachhaltig gekocht, selbst fermentiert“, sagt das VKD-Mitglied. Ein festes Menü habe es nicht gegeben, dafür eine täglich wechselnde Karte. Ein Konzept, das in Tokio gut funktioniert hat. Das kleine Restaurant war immer voll.
Grundsätzlich gebe es in der japanischen Küche viele Stilistiken. „In Japan macht ein Restaurant nur eine Sache. Wer Ramen macht, macht kein Sushi“, erklärt Bruno.
Tokio selbst fand Bruno „ziemlich beeindruckend“. Via Couchsurfing habe er viele Leute kennengelernt. Unter anderem eine Peruanerin, die für argentinische Botschaft gekocht hat. Sie lebte bereits seit fünf Jahren im Land, konnte daher japanisch und auch die Schriftzeichen lesen. Eine paar Tage reisten sie gemeinsam durch den Süden des Landes. „Moderne und Tradition verschmelzen in Japan gut miteinander“, findet Bruno. „Ein Ort, um zur Ruhe zu kommen. Wenn man rausfährt aufs Land, ist alles ganz nüchtern und ruhig.
Nächster Stopp: Indien
Über Bruno Ebermann:
Bruno Ebermann, 27 Jahre alt, aufgewachsen als Sohn eines Gastronomenpaars, absolvierte seine Kochausbildung im Schwarzwald. Schon früh stand für ihn fest, dass er kochend die Welt bereisen möchte. So arbeitete er unter anderem in Sterneküchen im Schwarzwald, in London und St. Moritz, in einem Coffeeshop mitten im australischen Outback, einem American Style Steak House in Melbourne, dem schwäbischen Gasthof seiner Eltern bei Stuttgarter sowie im Casual Fine Dining in einem koreanischen Restaurant in Berlin. 2016 hat er seine Reise durch zehn Länder Asiens gestartet. In einer Serie berichtet er davon auf der VKD-Website sowie unter www.theculinarygypsy.com.