Wenn sich Koch-Azubis in der Pâtisserie ausprobieren, dann ist Talentschmiede-Zeit in Baden-Württemberg.
Von Sonja Kuhl
Einen guten Meter hoch stach die Flamme aus der Pfanne. Die Gäste in der engen Berufsschulküche zuckten zusammen, guckten – zunächst ein wenig erschrocken, dann begeistert beim Anblick des jungen Kochauszubildenden. Er flambierte Magen, löschte ab, begutachtete sein Werk freudig, erklärte den Gästen voller Begeisterung, was er und seine Azubi-Kollegen für sie vorbereitet haben. Das ist Leidenschaft, Hingabe, Engagement und überbordende Freude. Das ist die Liebe zum Koch-Beruf und zum kreativen Einsatz von Lebensmitteln.
Wie viel Freude sie alle am Kochberuf haben, zeigten 15 Koch-Azubis und eine angehende Konditorin während der Talentschmiede für Nachwuchsköche des VKD-Landesverbands Baden-Württemberg. Mitte November fand die 15. Auflage in der Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Villingen statt – wie immer mit einer Küchenparty als Höhepunkt der gut zweitägigen Veranstaltung.
Vier Referenten hatte der Landesverband mit Organisator Michael Viehmann geladen. Marianus von Hörsten und Tobias Laabs brachten ihre Expertise im herzhaften Bereich ein – ehrenamtlich, versteht sich. „Wir können nicht darüber jammern, dass wir keinen Nachwuchs haben und dann selbst nichts dagegen tun“, sagte von Hörsten, sodass es für ihn wie auch seine Referentenkollegen völlig selbstverständlich war, den Nachwuchs an dieser Stelle zu fördern.
Eigelb, nicht zu hart und nicht zu weich
Laabs Gruppe stellte unter anderem „Golden Eggs“, also goldene Eier, her. Dass es dabei im ersten Schritt auf ein ganz genaues Timing ankommt, war den Teilnehmern schnell bewusst. „Das Eigelb soll flüssig, aber nicht zu flüssig sein“, erklärte Azubi Peter Haas. Vorsichtig musste die Gruppe die Eier schälen, mit einer Spritze Eigelb absaugen, um sie dann mit Kräuteröl aufzufüllen. Mit Pilzfonds mit Enoki-Pilzen und einem Topping aus Pinienkernen, Pistazien, Reisflocken und Schnittlauch richteten Peter Haas und seine Teamkollegen das mit goldener Lebensmittelfarbe bestrichene Ei an.
Im Kühlhaus erhielten währenddessen die Stubenküken ihren letzten Marinaden-Pinselstrich. Die Fischbällchen aus Forelle lagen bereit genauso wie die Zitronenmayonnaise. Von Hörsten hatte die Rezepte mitgebracht. Ein wenig schade fanden die Teilnehmer, dass aufgrund der knappen Zeit nicht alle sehen konnten, wie er das die Stubenküken aufblies. Die Erklärung gab’s aber später von Teamkollegen. Denn, so war die einheitliche Meinung: „Hier hilft jeder jedem.“
Riesengroß war die Begeisterung in Sachen Pâtisserie. Joachim Habiger, Referent und Konditor, sowie Felix Vogel, ebenfalls Konditor, bereiteten mit den Teilnehmern unter anderem Petit fours, Pralinen und kleine Eis am Stiel zu, aber auch ungewöhnliche Kombinationen wie Wildkräuterbaiser mit Molkenmousse und karamellisierter Paprika. „Zucker ziehen, Kreationen mit Schokolade, Formen ausgießen: Ich habe viel Neues kennengelernt“, sagte Azubi Johannes Seibold. Er schwärmte vom Zuckerschwan, den Habiger vor ihren Augen hergestellt hatte. „Unglaublich“, findet der Nachwuchskoch, denn all das gehöre nicht zur Kochausbildung. Auch Teilnehmer Johannes Wendelstein freute sich über den Blick über den Tellerrand. Während der Ausbildung gebe es kaum Zeit, den Kollegen in der Pâtisserie über die Schulter zu schauen. Da war die Talentschmiede eine gute Möglichkeit.
Eine halbe Stunde vor Beginn der Küchenparty wurde es dann etwas hektischer in der Küche. Da wurden Messer geschliffen und Kürbispüree gerührt, Konsistenzen überprüft und abgeschmeckt. Unterstützung gab es von vier Paten, alle ehemalige Teilnehmer der Talentschmiede, die die Nachwuchsköche über die gut zwei Tage begleitet haben.
Landesverbandsvorsitzender Konrad Hurter und Jugendwart Michael Viehmann hatten Sponsoren, Freunde und Förderer des Landesverbands zur Küchenparty eingeladen. Über mehrere Stunden kosteten sie sich durch etliche herzhafte und süße Kreationen („Wie im Schlaraffenland“) und waren nicht nur von den kulinarischen Eindrücken begeistert, sondern auch von den engagierten Nachwuchsköchen, die bereitwillig erklärten, was genau sie da zubereitet hatten.
„Lasst Euch nicht verbrennen“
Die Azubis verließen die Talentschmiede mit vielen neuen, prägenden Eindrücken und Motivation. „Wir Köche haben extrem gute Chancen – überall auf der Welt“, sagte Konrad Hurter und betonte: „Wir haben Fachkräftemangel. Wer einen guten Fachmann haben möchte, muss ihn auch gut bezahlen und gut führen.“ Von Hörsten war begeistert vom Einsatz und der Wissbegierde der angehenden Köche. Seine Botschaft war deshalb deutlich: „Lasst Euch nicht verbrennen.“ Felix Vogel pflichtete ihm hier bei: „Ihr müsst begeistert sein vom Job – und vom Chef.“ Wenn die Begeisterung fehlt, mache die Arbeit keinen Sinn. „Dann wechselt, sucht Euch einen Job und einen Chef, die Euch begeistern.“ Denn, und da waren sich alle einig: „Wir haben den schönsten Beruf der Welt.“